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Vergütungsvereinbarung – und die Anrechnung vorgerichtlicher Kosten auf die Verfahrensgebühr

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Eine Anrechnung der vorgerichtlichen Kosten aus einer Vergütungsvereinbarung auf die Verfahrensgebühr findet im Kostenfestsetzungsverfahren nicht statt, wenn die erstattungsberechtigte Partei im Erkenntnisverfahren vorgetragen hat, dass sie mit ihrem Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der vorgerichtlichen Kosten eine Vergütungsvereinbarung getroffen hat, und die erstattungspflichtige Partei diese Kosten im Erkenntnisverfahren anerkennt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind vorgerichtliche Kosten , die eine Partei ihrem Rechtsanwalt aufgrund einer Vergütungsvereinbarung schuldet, nicht gemäß Vorbem.3 Abs.4 S.1 VV RVG wie eine Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr anzurechnen; damit kann sich auch kein Dritter auf die Anrechnung gemäß § 15a Abs.2 RVG berufen. Vorliegend hat die Klägerin bereits in der Klage vorgetragen, dass zwischen ihr und ihrem Prozessbevollmächtigten eine Vergütungsvereinbarung über die vorgerichtlichen Kosten getroffen worden sei.

Zutreffend hat auch die Rechtspflegerin in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt, dass die Vergütungsvereinbarung das Verhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten betreffe. Das Oberlandesgericht kann ihr jedoch nicht darin folgen, dass die Klägerin in der Klage „konkret“ eine Geschäftsgebühr gefordert habe. Aus den Ausführungen in der Klage ergibt sich vielmehr, dass die Klägerin die ihr aufgrund der Vergütungsvereinbarung entstandenen Kosten nur der Höhe nach auf die gesetzliche Geschäftsgebühr nach Ziff.2300 VV RVG begrenzen wollte, weil sie nicht mehr von dem Beklagten fordern könne. Die Klägerin hat ihren Anspruch insoweit ersichtlich auf § 12 Abs.1 S.2 UWG gestützt, wonach nur die „erforderlichen Aufwendungen“ für eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung vom Gegner verlangt werden können.

Dass die Klägerin mit ihrem Prozessbevollmächtigten eine Vergütungsvereinbarung über dessen vorgerichtliche Tätigkeit zumindest in Höhe der geforderten 1, 5 Geschäftsgebühr gemäß Ziff. 2300 VV RVG getroffen hat, hat der Beklagte im Erkenntnisverfahren nicht bestritten. Auch im Kostenfestsetzungsverfahren bestreitet er eine solche nicht, sondern hält an der – gemäß obigen Ausführungen nicht zutreffenden – Auffassung fest, dass die Klägerin das Bestehen einer solchen Vereinbarung nicht vorgetragen habe, sondern das Bestehen einer Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten. Da somit das Bestehen einer Vergütungsvereinbarung als unstreitig zu behandeln ist, bedarf es keiner zusätzlichen Glaubhaftmachung durch die Klägerin.

Durch die Nichtanrechnung der vorgerichtlichen Kosten aufgrund des Bestehens einer Vergütungsvereinbarung ist allerdings vorliegend die Situation entstanden, dass der Beklagte im Ergebnis mehr als die gesetzlichen Gebühren als Kosten des Rechtsstreits zu erstatten hat, nämlich eine volle Geschäftsgebühr gemäß Anerkenntnisurteil und eine volle Verfahrensgebühr gemäß Kostenfestsetzung ohne die Anrechnung nach der Vorbem. 3 Abs.4 S.1 RVG. Gemäß § 91 Abs.1 S.1, Abs.2 S.1 ZPO sind grundsätzlich nur die gesetzlichen Gebühren des Rechtsanwalts als notwendige Kosten des Rechtsstreits zu erstatten und kann sich der erstattungspflichtige Dritte bei einer Titulierung der Geschäftsgebühr – wie vorliegend jedenfalls der Höhe nach – gemäß § 15a Abs.2 RVG auf die Anrechnung berufen ; mithin wirkt sich hier die im Innenverhältnis des Erstattungsberechtigten mit seinem Prozessbevollmächtigten getroffene Vergütungsvereinbarung zu Lasten des erstattungsverpflichteten Dritten aus.

Eine Korrektur dieses Ergebnisses im Kostenfestsetzungsverfahren kommt aber jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der erstattungsberechtigte Kläger – wie vorliegend – bereits im Erkenntnisverfahren offenlegt, dass er über seine vorgerichtlichen Kosten eine Vergütungsvereinbarung mit seinem Prozessbevollmächtigten getroffen hat, diese Kosten in Höhe einer vollen Geschäftsgebühr ersetzt verlangt und der erstattungspflichtige Beklagte dann die Klage vollen Umfangs anerkennt. Der Beklagte verzichtet damit „sehenden Auges“ auf die Möglichkeit der Anrechenbarkeit dieser Kosten auf die Verfahrensgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren und bedarf keines Schutzes. So hat auch der Bundesgerichtshof in einem Beschluss vom 16.10.2014 für den Fall einer Vergütungsvereinbarung über die vorgerichtlichen Kosten deren Anrechenbarkeit auf die Verfahrensgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren verneint, nachdem die Parteien den Rechtsstreit durch einen Vergleich beendet hatten und der Beklagte sich darin zur Erstattung der vollen Geschäftsgebühr – sogar etwas mehr – verpflichtet hatte. Dabei war dem Vortrag der dortigen Klägerin im Erkenntnisverfahren weniger deutlich als dem Klägervortrag im vorliegenden Fall zu entnehmen, dass eine solche Vergütungsvereinbarung überhaupt bestand. Ob die Übernahme der Verpflichtung zum Ersatz der vorgerichtlichen Kosten durch die erstattungspflichtige Partei im Erkenntnisverfahren auf einem Vergleich – wie im genannten Fall des BGH – oder – wie hier – auf einem Anerkenntnis beruht, macht nach Auffassung des Oberlandesgerichts keinen Unterschied.

Allerdings kann das Bestehen einer Vergütungsvereinbarung dann nicht berücksichtigt werden, wenn sie in missbräuchlicher Weise getroffen worden ist, um die Anrechnung nach Vorbem.3 Abs.4 VV RVG zu umgehen. Hierfür bestehen vorliegend jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte.

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 16. Dezember 2014 – 8 W 131/14


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