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Channel: Vergütungsvereinbarung - Rechtslupe
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Vergütungsvereinbarung – und die prozessuale Kostenerstattungspflicht

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Die unterliegende Partei trifft keine prozessuale Kostenerstattungspflicht nach § 91 ZPO gegenüber der obsiegenden Partei bezüglich einer von dieser gemäß § 3a RVG vereinbarten Vergütung, soweit diese die gesetzliche Vergütung übersteigt.

Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren. Nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei in allen Prozessen zu erstatten.

Hinsichtlich des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO gehen die Rechtsprechung und die Literatur fast einhellig davon aus, dass als erstattungsfähige “gesetzliche Gebühren und Auslagen” lediglich die Regelsätze des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes zu erstatten sind und nicht ein aufgrund einer Honorarvereinbarung mit dem Rechtsanwalt übersteigendes Honorar und dass die unterliegende Partei Mehrkosten aufgrund eines vereinbarten Honorars auch nicht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu erstatten hat.

Diese Auffassung ist unter Berücksichtigung der Gesetzgebungsgeschichte zutreffend. § 87 Abs. 2 Satz 1 der Civilprozeßordnung vom 30.01.1877 sieht – ebenso wie § 91 Abs. 2 Satz 1 der Civilprozeßordnung in der vom 01.01.1900 an geltenden Fassung – vor, dass “die Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei … in allen Prozessen zu erstatten” sind. Die Möglichkeit, eine vereinbarte Vergütung, soweit diese die gesetzliche Vergütung übersteigt, im Wege der prozessualen Kostenerstattung auf die unterliegende Partei abzuwälzen, wird in § 94 der Gebührenordnung für Rechtsanwälte in der Fassung der Bekanntmachung vom 05.07.1927, die bereits Vergütungsvereinbarungen zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber zuließ (vgl. § 93 RAGebO), ausdrücklich ausgeschlossen.

Die im Jahr 1957 in Kraft getretene Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte enthält eine § 94 RAGebO entsprechende Vorschrift nicht. Stattdessen wurde § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Einfügung des Wortes “gesetzlichen” dahin gefasst, dass die “gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei … in allen Prozessen zu erstatten” sind. In der Entwurfsbegründung wird hierzu ausgeführt, in den § 91 Abs. 2 ZPO würden die Vorschriften eingefügt, die bisher unter anderem in § 94 RAGebO enthalten gewesen seien; diese Vorschriften gehörten in die Zivilprozessordnung, weil sie nicht das Verhältnis des Rechtsanwalts zum Auftraggeber, sondern die Kostenerstattung zwischen den Parteien regelten. Danach sollte es dabei bleiben, dass die unterliegende Partei bezüglich einer vereinbarten Vergütung, soweit diese die gesetzliche Vergütung übersteigt, keine prozessuale Kostenerstattungspflicht trifft.

Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber hiervon abrücken wollte, als im Jahr 2004 das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz an die Stelle der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte getreten ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der im Jahr 2008 in das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz eingefügten Vorschrift des § 3a Abs. 1 Satz 3 RVG. Danach hat eine Vereinbarung über die Vergütung einen Hinweis unter anderem darauf zu enthalten, dass die gegnerische Partei im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss. Die Gesetzesbegründung zu § 3a RVG geht insoweit davon aus, dass die rechtsuchende Person die vereinbarte Vergütung, soweit diese die gesetzliche Vergütung übersteigt, grundsätzlich selbst tragen muss. Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber mit der bloßen Statuierung einer Hinweispflicht in § 3a Abs. 1 Satz 3 RVG die Regeln der prozessualen Kostenerstattung gemäß § 91 ZPO abändern wollte. Der Hinweis darauf, dass die gegnerische Partei im Falle der Kostenerstattung “regelmäßig” nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss, ist auch dann sinnvoll, wenn die unterliegende gegnerische Partei keine prozessuale Kostenerstattungspflicht bezüglich einer vereinbarten Vergütung, soweit diese die gesetzliche Vergütung übersteigt, trifft. Denn nach der Rechtsprechung kann derjenige, der sich schadensersatzpflichtig gemacht hat, in bestimmten Fällen materiellrechtlich verpflichtet sein, höhere Aufwendungen aus einer anwaltlichen Honorarvereinbarung zu erstatten.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24. Januar 2018 – VII ZB 60/17


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